Die Geschichte des Kanals kann eigentlich nur einer erzählen, der von Anfang an dabei war, der Kanal selbst:
"Man schreibt den 1. März 1841. Heute findet meine offizielle Einweihung statt. Unser wunderbarer
König der Superlative, Heinrich der Vierte, erwog bereits im 16.JH. die Seine mit der Loire zu verbinden
und zwar mit mir. Doch blieb der Gedanke ein Projekt, das in unregelmäßigen Abständen 200 Jahre lang immer
wieder auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Eigentlich sah keiner einen rechten Nutzen für mich und mein
größter Gegner war der Duc d'Orleans. Er hatte gerade den Canal du Loing gebaut und der sollte erst mal
ordentlich Gewinn bringen. An seinem beharrlichen Widerstand scheiterte ich zunächst wieder. Doch ich bin
geduldig, meine Zeit wird schon noch kommen. Und siehe da, ein schrecklich kalter Winter 1782/83 ließ die
schwierige Versorgung von Paris mit Brennholz zur Katastrophe ansteigen. So wurde beschlossen, nicht nur
weiter Holz im Morvan zu schlagen, sondern auch die Wälder im Bazois auszubeuten. Damit das dort geschlagenen
Holz in das bestehende Flößereisystem überführt werden könne, hat man beschlossen einige Bäche auszubauen,
mit einen Flößerkanal zu verbinden, eine unterirdische Flößerrinne anzulegen, um das Holz in das Flößersystem
der Yonne einzuleiten. 1784 begann man mit dem Bau einer schlichten Flößeranlage, die von einem richtigen Kanal,
von mir, noch meilenweit und ein halbes Jahrhundert entfernt war. Die Bauarbeiten schritten zügig voran, bis zu
einer Inspektion durch zwei Kommissare der Akademie der Wissenschaften, die kamen nämlich zu dem Schluss, dass
es viel vernünftiger wäre sich nicht mit einem bescheidenen Flößerkanal zu begnügen, sondern einen richtigen
Schifffahrtskanal anzulegen, mich. Trotz zahlreicher Einwände und Kritiken, schon zu meiner Zeit gab es
Wichtigtuer, die grundsätzlich dafür waren, dass man dagegen war und zwar gegen alles und besonders gegen
Neuerungen. Doch sie wurden mundtot gemacht und so begannen Bauarbeiten eines ganz anderen Ausmaßes. An
die Stelle eines kleines unterirdischen Kanals, der nur dem Transport von Holzscheiten dienen sollte, trat
das fantastische Gewölbe von Collancelle.
Probleme machten mir die Missbräuche der Regierung bei meiner
Bewirtschaftung, doch bevor ich ganz untergehen konnte, wurde ich an ein privates Unternehmen vergeben.
Ich weckte viele Träume von Gewinnen und klingenden Münzen: Kohle aus dem Charolais, Gewürze aus dem
Orient und Südfrankreich, Seide aus der Provence, Waffen aus dem Forez, Leder aus Chalon-sur-Saône,
Glas aus dem Mâconnais, Käse aus der Schweiz, usw. Mein Ruhm drang selbst zu Ludwig XVI. und der zögerte
nicht dem soeben neu gegründeten Departement Nièvre 150.000 Pfund für bereits ausgeführte und noch auszuführende
Kanalbauarbeiten vorzustrecken. Doch dann trifft uns alle ein Schicksalsschlag. Die französische Revolution.
Man baut mich nicht fertig. Die Arbeiten werden eingestellt. Was nützt es mir, dass dies der Polemik keinen
Abbruch tut und sich weiterhin Vertreter des Flößerkanals und des Schifffahrtskanals in völlig nutzlosen
Debatten als Streithähne gegenüberstehen? Ich bin am Boden zerstört, als sogar das Finanzministerium erwägt
das für den Kanalbau erworbene Land wieder zu veräußern. Da ist es doch ein kleiner Hoffnungsschimmer für
mich, dass ein Ingenieur Hagenau auf den Plan tritt und mich wenigsten als Flößerkanal weiterbauen will.
Doch die Freude ist von kurzer Dauer, denn die Arbeiten an mir werden sehr schnell wieder eingestellt. Ich
verfalle zusehends, meine Uferbefestigungen sind in trostlosem Zustand, meine Schleusen sind inzwischen
überholt und entsprechen nicht mehr den neuen Normen, ich bin dem Tode geweiht, warte auf mein Ende und
darauf, dass man mich vollständig wieder zuschüttet. Doch welch unverhofftes, großes Glück, Ludwig XVIII.
sieht die Notwendigkeit durch große öffentliche Projekte die Arbeitslosigkeit zu senken und stellt den
enormen Betrag von 8 Millionen Franc für meine Renovierung und Vollendung bereit. Sofort beginnt die
Polemik aufs neue. Die Holzflößer vertreten vehement ihre Interessen gegen die Schifffahrt. Doch ihr
Einsatz ist vergeblich, ich werde weitergebaut und mit jedem Teilabschnitt der fertig gestellt wird,
eröffne ich der Region neue Absatzmärkte: Steine aus den Steinbrüchen von La Manse, Kies aus den
Gruben von Corbigny und Kohle aus den Zechen von La Machine, sowie Getreide aus dem Nivernais,
eigentlich war ich jedoch immer der Kanal der Flößer und Trifter. Mir verdankt Paris jahrzehntelang
seine Versorgung mit Brenn- und Bauholz. Irgendwie haben mich meine Betreiber nie richtig nach
Freycinet-Maß umgebaut und so konnte ich von Penischen nicht durchgehend befahren werden, auch
waren meine Brücken zu niedrig und die Fahrrinne nicht tief genug. Schon wieder einmal stand ich
vor meinem Ende. Dass ich überlebt habe, verdanke ich dem Verein der Freunde des Canal du Nivernais
und den vielen Touristen, die mich für ihr Freizeitvergnügen entdeckt haben. Natürlich könnte ich
viele, viele interessante Geschichten von den Eskapaden der Bumsbootfahrer berichten, manchmal habe
ich sogar richtig Angst um meine Schleusentore und oft bin ich sauer, wenn sie in meine Seerosen
fahren und dann werde ich auch ganz trübe, wenn ich die vielen nackten Tatsachen in der Sonne rum
liegen sehe. Es gibt aber auch andere, die erkennen die Originalität meiner Konzeption, die Schönheit
meiner Landschaft und für die ist eine Fahrt auf mir eine Reise in vergangene Zeiten, in eine
romantische Traumwelt mit dem Charme abgenutzter bemooster Steine. Ich bin mehr als nur eine
Wasserstraße, ich tue dem Leben gut".
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, als die Aufforderung ihn unbedingt zu besuchen. Er ist wunderschön.
Wir konnten ihn mit einer Höhe von 3,40 m und einem Tiefgang von 1,40 m befahren. Egal was in den Karten angegeben ist.
Allerdings war das letzte Stück
verschlammt und wir haben Dreck aufgewühlt.
Es war es wert.