Bereits die alten Römer haben erwogen eine Kanalverbindung zwischen Mittelmeer und Atlantik zu schaffen. Jahrhunderte lang
blieb es nur bei Anläufen für Planungen. Karl der Große im 8.Jh. überlegte, Franz I. diskutierte 1516 mit
Leonardo da Vinci darüber, der nicht nur ein begnadeter Künstler und Erfinder, sondern auch ein gefeierter
Kanalkonstrukteur war. Noch im gleichen Jahrhundert zeigten Karl IX. und Heinrich IV. Interesse für das Projekt,
1633 dachte Ludwig XIII. darüber nach. Doch schlüssig wurde keiner der Herren. In der langen Regierungszeit Ludwig XIV.
, des Sonnenkönigs, wurde der damals bedeutendste Kanal der Welt fertiggestellt, der Briare-Kanal. Dieser verband ab
1642 die Loire mit der Seine und hatte eine Scheitelhaltung, die immer genügend Wasserstand garantierte. Dies war wohl
für den Sonnenkönig ein derartiges Erfolgserlebnis, dass er den Bau des Südkanals als erfolgversprechendes Unterfangen
ansah. Des Königs Eintreiber für die Salzsteuer des Gebietes Languedoc war Pierre Paul Riquet, dieser brachte die
nötigen Ortskenntnisse mit und wurde beauftragt sich Gedanken zu machen, wie diese große Aufgabe zu bewältigen sei.
Riquet stammte aus Beziers, heiratete mit 19 Jahren sehr reich und kaufte das Chateau und Gut Bonrepos in der Nähe von
Toulouse. Der Ingenieur und Wasserbauexperte Francois Andreossy kam gerade von einer Studienfahrt zu den italienischen
Kanälen zurück, als er von Riquet angeheuert wurde auf dessen Gut Bonrepos einen Modell-Kanal zu bauen. Die Reste dieses
Prototyps, kompl. mit Schleusen, Versorgungskanälen und einem Tunnel, ebenso das Reservoirsystem in den Montagne Noire
sind heute noch erhalten und zu besichtigen. Der Erzbischof von Toulouse, de Boulement, war so begeistert von diesem Modell,
dass er das Interesse des Königs Minister Jean-Baptiste Colbert weckte. Nach langwierigen Untersuchungen und Vermessungen
erließ Louis XIV. im Oktober 1666 ein Edikt, das den Beginn der Bauarbeiten ermöglichte. Die Gelder stammten aus
3 Quellen, von der Zentralregierung, von den lokalen Behörden des Languedoc und von Riquet selbst, der durch ein
Vertragsgeschäft mit dem Militär gerade zur richtigen Zeit einige gute Gewinne machte.
Das größte Problem beim Bau eines Kanals in dieser trockenen Gegend war die Wasserversorgung. Hier waren Riquet seine
Ortskenntnisse als Salzsteuereintreiber sehr nützlich. Er stellte fest, dass die Wasser der Bäche von Naurouze sowohl
zum Atlantik, als auch zum Mittelmeer flossen. Er bestimmte diese Gegend als Scheitelhaltung und entwickelte ein ausgeklügeltes Wasserversorgungssystem. Dies war der eigentliche Schlüssel zum Erfolg. Dieses System ist so intelligent konzipiert, dass der Kanal bis heute, selbst unter härtesten Trockenzeiten schiffbar bleibt.
Der Kanal hieß zunächst Canal Royal und sollte der Regierungszeit des Sonnenkönigs ewiges Andenken sichern, deshalb ist
die Substanz der Bauwerke Aquädukte und Schleusen noch heute sehr gut. Der 160 m lange Tunnel in Malpas war der erste
unterirdische Kanalabschnitt der Welt. Angeblich soll er in nur 6Tagen fertig gestellt worden sein. Aber selbst die
Geschichtsbücher halten dies für eine Legende.12.000 Menschen waren am Kanalbau beschäftigt. Die Wasserstraße des
Pierre Paul Riquet veränderte die Wirtschaftsstruktur in diesem armen Teil Frankreichs vollständig. Noch nach über
300 Jahren fördert der Canal du Midi die Wirtschaft und den Tourismus in dieser Region.
Riquet starb ein halbes Jahr vor Fertigstellung und Eröffnung des Kanals, hoch verschuldet. Obwohl ihm die Einnahmen
aus dem Kanal versprochen wurden und der Kanal ein voller Erfolg war, brachte er seinen Nachkommen nicht den erhofften
Gewinn. In der Revolution wurde die Familie enteignet. Im Jahre 1857übernahm die
Bahn den Kanal und vernachlässigte ihn derart zu Gunsten der Bahntrasse, dass er nach Ablauf des Pachtvertrages 1898 fast
nicht mehr zu benutzen war. Als der Staat die Kontrolle wieder übernahm, wendete sich das Blatt und der Kanal wurde wieder
instand gesetzt.
Seit 1985 ist die Frachtschifffahrt auf dem Midi völlig verschwunden. Dafür haben die Charter-Gesellschaften in geradezu
erschreckendem Maße zugenommen. 1983 passierten den Kanal etwa 9.000 Sportboote, heute dürften es noch mehr sein.
So ein genialer Konstrukteur Riquet auch war, so voraus schauend, dass eines Tages die Beluga in seinem Kanal fahren
würde, war er nicht. Sonst hätte er vielleicht seine Brücken ein ganz, ganz kleines Stückchen höher gebaut. Wir mussten
komplett sämtliche Aufbauten abbauen und hatten über den oberen Fenstern gerade noch 20 cm Platz. Das heißt also bei
Brückendurchfahrten Kopf einziehen und in der Versenkung verschwinden.
Die Landschaft des Languedoc ist teilweise bereits mediterran. Midi (Süden) trägt seinen Namen zu Recht, davon zeugen
die Palmen am Ufer zwischen Trebes und Carcassonne. Die Vegetation am Kanal hat sich in den 300 Jahren seines Bestehens
verändert. Ein Dokument aus dem Jahre 1772 verzeichnet ein Übergewicht der Pappeln, gefolgt von Weiden. Außerdem wuchsen
Maulbeerbäume, Ulmen, Eschen, Obst- und Ölbäume. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts existierten 4 Baumschulen für den Kanal.
In ihnen wuchsen 475.000 junge Eichen, Pappeln, Lärchen und Eschen, Platanen waren nicht darunter. Also frage ich mich,
wo kommen diese kilometerweiten Platanen-Alleen her. Zur Ehrrettung der Flora muss aber gesagt werden, dass heute außer
Pappeln auch Eichen, Robinien, Vogelbeerbäume und Wildkirschen zu sehen sind, um nur einige zu nennen. Die Vorteile dieser
"Tunnelbewachsung" ist klar. Wo Platanen stehen, gibt es keine Auswaschungen und kein Abrutschen der Böschungen.
Außerdem schützen die riesigen Bäume mit ihrem Schatten Kanalwasser und Schipper gleichermaßen vor dem Austrocknen.
Der Kanal fließt durch zwei namhafte Weinbaugebiete, Minervois und Corbieres. Beide gehören zum größten zusammenhängenden
Weinberg der Welt. Anfang der siebziger Jahre rebellierten hier die Winzer gegen die Regierung in Paris. Damals wurden alte
Wunden wieder aufgerissen, die bis ins 13.JH. zurückreichen. Die gewaltsame Ausrottung der Katharer wurde ebenso wieder
beschworen, wie die Unterdrückung der okzitanischen Sprache. Okzitanisch liegt geographisch wie sprachlich zwischen dem
Italienischen, dem Katalanischen und dem Französischen und war die Landessprache des Languedoc. Ja heißt auf okzitanisch
"oc" wonach das Gebiet seinen Namen hat. (Languedoc=Sprache des oc) Erst als es Tote gab, ebbte die Demonstration schlagartig
ab, die Probleme der Monokultur sind aber bis heute nicht gelöst. Die Mehrzahl der kleinen Orte und Städtchen sind wirklich
sehenswert. Doch bei einigen drängt sich den Touristen wohl der Gedanke auf: Man muss einfach da gewesen sein, weiß aber
nicht so recht warum.
Zum Abschluss noch ein Märchen: Ein Wasserreservoir für den Kanal wurde von Riquet in der Nähe der geheimnisvollen
Steine von Naurouze angelegt. Ein Riese schwer beladen mit Felsblöcken für den Bau von Toulouse, glitt hier aus,
ließ die Felsen fallen und diese zerbrachen in tausend Stücke. Nostradamus sagte das Ende der Welt voraus, sollten
die Steine je wieder vereinigt werden. Jedenfalls musste Toulouse nun aus Ziegeln errichtet werden und die Nachkommen
des Riquet errichteten hier auf einem Steinhügel einen eindrucksvollen Obelisken als Denkmal für den Kanalbauer.
( Wahrscheinlich waren die Einnahmen aus dem Kanal doch nicht so schlecht)
Der Canal du Midi ist vom Etang de Thau, der in Séte Zugang zum Mittelmeer hat, bis Toulouse 240 km lang und hat
63 Schleusen. Darunter gibt es gibt zahlreiche zwei- drei- und vierstufige Schleusentreppen, die als eine Schleuse gezählt werden.
In Fonserannes gibt es gar eine 6 stufige Schleusentreppe.
Bei Port la Robine führt ein 39 km langes Teilstück mit 14 Schleusen. nach Port-la-Nouvelle ins Mittelmeer.
Die Schleusen im Canal du Midi entsprechen nicht dem Freycinet-Maß. Sind sind zwischen 30 und 40 m lang und 5.45 m bis
6 m breit. Die Wassertiefe wird angegeben mit "theoretisch" 1,60 m. Wir sind mit 1,40 m Tiefgang die meiste Zeit über
Grund gerutscht. Der Untergrund ist meist weicher Schlick und Moder, aber es liegen auch Äste im Kanal, die immer wieder
von den vielen Bäumen abbrechen. Die Niedrigste Höhe ist angegeben in Narbonne, da spannt sich eine alte Römerbrücke über den Kanal. Wir haben an den
Windschutzscheiben eine Höhe von 2,80 m und hatten höchstens noch 20 cm Platz. Außerdem kommt hinzu, das die meisten
Brücken einen sehr runden Bogen haben, was bei breiten Schiffen auch problematisch sein kann.
Wir haben mit unserer Fahrpersennige eine Höhe von 3,40 m und mussten bei den meisten Brücken abbauen.
Das größte Problem am Canal du Midi sind die vielen Charterboote.
Die Schleusenwärter sind weder höflich noch hilfsbereit. Sie nehmen niemals ein Tau an.
Die meisten Schleusen sind Rundschleusen, in denen sich nicht mal eine Leiter befindet. Ein Mitglied der Bootsbesatzung
muss vor der Schleuse aussteigen, auf die Schleuse laufen und dort das Tau entgegen nehmen.
Die Schleusen werden derart voller Boote gestopft, dass Rempeleien nicht zu vermeiden sind
Die Landschaft des Languedoc ist ganz sicher von beeindruckender Großartigkeit, jedoch vom Canal aus meist nicht zu sehen,
da er wie mit einer Mauer von Büschen und Bäumen bewachsen ist.
Dafür wird man mit zauberhaften Orten verwöhnt.
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