www. Beluga-on-Tour.de

 



Navigation

Kapitel 1

•   Der erste Schritt

•   Die Vorbereitungen

•   Das Boot und wir

•   Auf geht's


Auf geht's


Wir verlassen jetzt unsere Welt. Diese Welt voller Hektik, voll hupender Autos und kreischender Bremsen.
Diese Welt voller Gerenne und Geschimpfe, voller Hast und Eile. Wir entfliehen klingelnden Telefonen und plärrenden Radios.
Einer Welt aufheulender Motorräder, gestresster Verkäuferrinnen und ungeduldiger Kunden.

Schon Horaz wusste: glücklich wer frei von Geschäften.

Wir betreten eine andere Welt.
Wenn der Fuß den Steg verlässt und du das Schiff betrittst, gelangst du in eine Oase der Ruhe, der Entspannung. Kein Wecker am Morgen. Aufstehen wenn du wach bist. Schlafen gehen, wenn du müde bist. Essen wenn du hungrig bist, nicht etwa weil Mittagszeit ist. Kein Auto, kein Verkehr, keine Termine. Die Uhren gehen ab sofort einfach anders.

Nach einer halben Stunde an Bord hat man bereits etwas verloren. Nein, weder Mut noch Hoffnung, sondern den Fingernagel des Mittelfingers der rechten Hand. Vielleicht ihn, weil der Finger so weit vorsteht. Doch kaum ist der verschmerzt, kommt schon der Zeigefinger dran und spätestens wenn dir der Daumennagel bis ins Nagelbett einreißt, nimmst du freiwillig den Knipser und trennst dich vom Rest dieser herrlichen aber völlig unnötigen Pracht.

Als nächstes wirst du etwas ablegen, wieder falsch, weder Frohsinn noch das Schiff, sondern die Eitelkeit. Kein Kettchen mehr am Hals, kein Bändel am Anorak, an dem man sich aufhängen kann. Kein Ring am Finger. Schon manches Fingerchen ist samt seines Schmuckes auf nimmer Wiedersehen in trüben Fluten verschwunden. Nur Masochisten tragen Schmuck an Bord. Doch die Uhr gönne ich mir, obwohl auch sie eine Gefahrenquelle sein kann.

Immer wieder ertappe ich uns, dass wir völlig grundlos ein sattes, zufriedenes Grinsen aufsetzen.

Wir sind wieder unterwegs!!

Unglaublich, trotz aller Vorfreude und Erwartungen, ist er wieder da. Dieser kleine scharfe Stich des Abschiedsschmerzes. Wird diese Welt noch die gleiche sein, wenn wir wieder zurück kommen? Ein letzter wehmütiger Blick über die Bucht.
Andere Bootsfahrer winken von ihren Booten, die wie an ihrem Steiger festgenagelt sind. Degradiert zu Kaffeedampfern. Sie wissen alle was wir vorhaben.
Der Neid der Zuhausebleibenden weht zu uns herüber. Wer Zeit hat, hat keinen Mut und alle möglichen Entschuldigungen. Der Garten, das Haus, die Enkelkinder, im Erfinden von Ausreden (vor allem vor sich selbst) sind sie nicht zu schlagen.

Meine Stimmung hebt sich ungemein.

Gefühlsduseligen Unsinn kann ich überhaupt nicht brauchen, da ist mir ein bisschen Schadenfreude schon lieber.






zurück zu Spazierfahrt durch Euroland