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Kapitel 2

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Von Düsseldorf ins Ruhrgebiet



"Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zumute." Behauptete Heinrich Heine, der in Düsseldorf geboren wurde. Napoleon nannte die Stadt sogar "petit Paris".
Eines aber kann ich frohen Herzens bestätigen: die Düsseldorfer Altstadt ist die längste Theke der Welt.
Hier fließt das Altbier in Strömen. Im " Ürigen " kann man das Alt gar nicht so schnell trinken, wie der Ober neues bringt. Natürlich hat es D'dorf als Hauptstadt von Nordrhein-Westfalen auch als Zentrum von Banken, Börsen, Messen und modernsten Industriezweigen zu einigem Ansehen gebracht. Was jeder kennt, wenn auch nur vom Hörensagen ist die "Kö". Die Prachtstraße ist modernes Einkaufszentrum und Flaniermeile mit exklusiven Boutiquen, Juwelieren und noblen Straßencafes. Wer was auf sich hält, war schon mal hier.

Duisburg dagegen ist stolz darauf, dass es den größten Binnenhafen der Welt besitzt. Die alten Römer waren auch hier federführend. Hier hatten sie bereits vor 2000 Jahren einen Verladeplatz der Rheinschiffer. 213 Hektar Wasserfläche, 20 Hafenbecken, 26 km Hafenstraßen, 3 Bahnhöfe und 148 km Gleisanlage und und und. Der Schiffsverkehr ist irre. Hunderte von Schiffen liegen an den Ladekais, werden entladen, beladen oder warten bis sie dran sind. Ein stetiges Kommen und Gehen. Hier mündet auch die Ruhr in den Rhein und bringt mit dem Rhein-Herne-Kanal noch zusätzlichen Schiffsverkehr von Weser, Elbe, Ems und dem Seehafen Emden.

Und in dem ganzen Gewühle wir mitten drin. Wir biegen in den Rhein-Herne-Kanal ab, um in Waltrop Bekannte zu besuchen. Für diese 45 km und 5 Schleusen sind wir sage und schreibe 7 Stunden unterwegs. Wäre das Wetter nicht wirklich schön, wir würden verzweifeln.

Vom eigentlichen Ruhrgebiet durch das wir jetzt fahren, sehen wir nicht viel. Ab und an blitzt ein Hausdach über den Damm, ein Schornstein, ein Silo oder auch schon mal die Flügel eines Windrades. Wo sind die großen Industrien, die Bergwerke und Kohlenhalden? Was wir sehen ist alles ländlich, freundlich, hell und sauber. Kann das sein? Der Ruhrpott ist dreckig und schwarz und stinkt und Natur und Kultur finden nicht statt?! Können sich Generationen so irren? So voller falscher Vorurteile sein? Wo ist der Ruhrkumpel, dieser Tegtmeier, mit seinem verknottelten Dialekt? Vielleicht waren wir nicht lange genug hier, wir haben ihn nicht getroffen. Leider, wir haben ein Faible für Originale aller Art. Doch wir haben etwas anderes entdeckt in diesem größten Industriegebiet Europas, eine Industrielle Kulturlandschaft. Weltweit einzig ist die Industriekultur dieser Region, großartige Kathedralen der Arbeit auf Schacht und Hütte. Zeugen einer Geschichte, die die Welt bewegte, mit einzigartigem Profil. Ein Rundkurs wurde geschaffen, eine Route von 400 km mit 19 riesigen ehemaligen Industrieobjekten, die heute restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Daneben gibt es 6 technik- und sozialgeschichtlich interessante Museen, 9 Aussichtpunkte mit herrlichem Panoramablick, teilweise auf übriggebliebenen Abraumhalden und 12 sehenswerte ehemalige Arbeitersiedlungen. Die älteste von 1665.

Die frühere Zeche Zollverein XII, mit ihrer im Bauhausstil errichteten Schachtanlagen nennt man heute den Eifelturm des Ruhrgebietes. Die Jahrhunderthalle in Bochum, ehemals Gebläsehalle für die Hochöfen des Gussstahlwerkes. Die Dortmunder Zeche Germania beherbergt heute das Deutsche Bergbau-Museum. Das 1928 gebaute Umspannwerk in Recklinghausen zeigt, wie die Elektrizität ins Leben der Menschen kam. Die Zentralkokserei Hansa in Dortmund, ist die letzte erhaltene von 17 Kokserein, die während des Rationalisierungsschubes der 20er Jahre entstanden sind. Ach ja, Bier: ein Mythos im Ruhrgebiet. Mit Kohle und Stahl bildete es einen historischen Dreiklang im Ruhrpott. Die 1859 erbaute Lindenbrauerei gehört zu den traditionsreichsten Braustätten des Reviers. Auch sie zu besichtigen. Zeche Nachtigall und das Muttental, die Wiege des Ruhrbergbaues ist genauso zu bestaunen, wie die Arbeit im Schatten der Hochöfen der Henrichshütte oder die Villa Hügel der Unternehmerfamilie Krupp.

Der Pott kocht ein Touristensüppchen, das sich sehen lassen kann.



In Waltrop liegen wir direkt unterhalb des alten Schiffshebewerks Henrichenburg. Ein Aufzug für schwimmende Riesen. Das Schiffshebewerk wurde 1899 von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht und war bis 1970 in Betrieb. Eine beeindruckende Konstruktion aus Stahlträgern, Wanne und wunderschönen Ecktürmen, verziert mit dem Reichsadler und den Reichsinsignien. Es waren viele Stufen, die wir hinaufgeklettert sind, um einen wundervollen Blick von der Turmspitze über den Museumshafen im Oberwasser und das Museums-Frachtschiff "Franz-Christian" im Unterwasser zu genießen.

Die Franz-Christian war ein verhältnismäßig modernes Schiff. Sie war von Anfang an motorisiert, mit 180 PS 3 Zylindern, eine Maschine so groß wie ein Haus. Bis weit in die 60er Jahre waren auf den Flüssen und Kanälen Schleppkähne aus Holz und Stahl, gezogen von einem Schlepper, in Betrieb. So ein Schleppzug bestand nicht selten aus 4, manchmal auch mehr, Kähnen, die auf Gedeih und Verderben auf den Schlepper angewiesen waren

Eine alte Schifferfrau, die 1951 mit ihrer Familie auf einem hölzernen Schleppkahn lebte und arbeitete erzählte:

"Nach dem Bunkern von Kohle für Berlin lag unser Schiff sehr tief im Wasser. Beim Rausfahren aus dem Hafenkanal auf den Rhein mussten wir drehen. Stromab kamen uns etliche Schiffe entgegen. Durch die Drehung und die Begegnung mit den andren Schiffen bekam unser Schleppkahn Schlagseite. Wir hatten noch ein leeres Schiff auf Seite. Die Wellen schlugen in unser Schiff. Mein Mann und sein Matrose waren an den beiden Pumpen tätig, aber sie schafften nicht die Wassermassen zu bewältigen.
Als ich in die Kajüte ging, schlug das eingedrungene Wasser bereits ans Kinderbettchen. Ich wickelte meinen Sohn in eine Decke und lief an Deck, wo meine kleine Tochter schrie. Die Nachbarn auf dem leeren Schiff nahmen die Kinder zu sich rüber. Dann wollten sie die Drähte durchhacken, denn es sah aus, als würden wir versinken.
Endlich legten sich die Wellen, das Schiff lag wieder gerade und die Gefahr war vorüber. Wir fuhren weiter und gingen in den Wesel-Datteln-Kanal.
Uns allen, auch dem Schlepper-Führer, stand der Schrecken im Gesicht. Meine kleine Tochter ist seitdem nie wieder auf den Rhein mit rausgefahren."

Das ging ja noch mal gut.

Hoffentlich haben wir nicht mit Schlagseite zu kämpfen, wenn wir jetzt die letzte Schleuse im Wesel-Datteln-Kanal passieren und unseren Weg Richtung Holland auf dem Rhein fortsetzen.