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Kapitel 2

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Von Koblenz nach Köln

Wir beenden diesen wunderschönen Tag im Yachthafen Neuwied.
Im Neuwieder Schloss wurde 1843 Prinzessin Elisabeth zu Wied geboren. Die Residenz hatte sich im 18. Jahrhundert zu einem richtigen Musenhof entwickelt.
Selbst Goethe schaute gerne mal vorbei. Die kleine Prinzessin wuchs in einem Umfeld von Künstlern auf und pflegte selbst die Musen. Mit einer Märchenhochzeit heiratete sie den König von Rumänien, Carol I. Sie engagierte sich für Kranke und Waisen, versuchte die sozialen und ökonomischen Verhältnisse der unterprivilegierten Schichten zu verbessern. Sie nahm sich der Bildung von Frauen und Mädchen, sowie der Frauensache allgemein an. So wurde die fremde Königin schnell zur geliebten Landesmutter. Doch ihre Rheinländische Herkunft und Frohnatur konnte und wollte sie nie verleugnen. Ihre ganze Liebe galt der rheinischen Landschaft. Unter dem Pseudonym Carmen Sylva veröffentlichte sie lyrische Gedichte und Verse. Doch erst nach dem Zusammentreffen mit dem Komponisten August Bungert, der 1869 noch Chorleiter in Bad Kreuznach war, und ihre Werke vertonte, schaffte sie den endgültigen Durchbruch und allgemeine Anerkennung. Das schöpferische Rendezvous der beiden ist heute fast vergessen.

Das Rheintal wird ab Koblenz breiter, die Berge ziehen sich zurück, für mich ist der beeindruckendste Teil des Rheins jetzt eigentlich vorbei. Das ist natürlich ungerecht.

Andernach, die alte Römersiedlung, hat einen beeindruckenden Turm, 56 m hoch, 4 m dicke Wände. Nicht zu vergessen der alte Rheinkran von 1554, er war bis 1911 in Betrieb. Die Insel Namedy. 1903 wurde hier in 343 m Tiefe kohlensaurer Sprudel erbohrt. Rechtsrheinisch auf einem gewaltigen Felsen die Burgruine Hammerstein, die im Mittelalter die Reichsinsignien barg, daneben Rheinbrohl mit den Resten des römischen Limes. Die Barbarossa-Stadt Sinzig.
Unkel, der Lieblingswohnsitz von Ferdinand Freiligrath. Hier ehelichte er seine Ida. Über sein Haus schrieb er: "Ein Belvedere hart am Rhein, um das mich ein Fürst beneiden könnte." Es ist heute noch zu besichtigen.

Die Überreste der Feste Rolandseck mit dem Rolandsbogen. Ein Sturm hat das Restgemäuer 1840 weggefegt. Freiligrath, inzwischen vom Zauber der Rheinromantik voll ergriffen, nahm sich des zerstörten mittelalterlichen Monuments an, rief in der Kölnischen Zeitung zu Geldspenden auf, hatte Erfolg und der Bogen wurde wieder aufgebaut. Kein altes Gemäuer ohne seine Geschichte.

Während des 30 jährigen Krieges wurde die Burg völlig zerstört, lediglich ein großer Tor- oder Fensterbogen blieb stehen. Durch diesen Bogen hatte man einen wundervoll eingerahmten Blick auf die Insel und das Kloster Nonnenwerth. Auf dem Klosterfriedhof soll die schöne Hildegunde begraben sein. Sie war die Geliebte Rolands, des Neffen von Karl dem Großen. Ihr Liebster war in den Krieg gezogen. Als ihr irrtümlich sein Tod gemeldet wurde, nahm sie den Schleier und starb bald aus Gram und Kummer. Als Roland dies nach seiner Rückkehr erfuhr, baute er sich eine Hütte unterhalb des Rolandsbogens, von der er auf das Grab seiner geliebten Hildegunde schauen konnte, verweigerte jede Nahrung und folgte ihr so in den Tod. Dank unserem "Trompeter der Revolution" Freiligrath blieb uns der Rolandsbogen erhalten.

Mit dem Drachenfels hat sich das Siebengebirge seinen Platz am Rhein gesichert. 1140 ließ Arnold, Erzbischof von Köln, auf ihm eine starke Burg errichten, von der der Bergfried immer noch steht. Die Drachenfelsbahn ist die älteste Zahnradbahn Deutschlands. Den Südhang des Berges bedecken herrliche Buchenwälder. In diesem Forst soll der Drache gehaust haben, der den Nibelungenschatz bewacht hat. Sigfrid erschlug ihn mit seinem Schwert Balmung (ich glaube so hieß es), gelangte so in den Besitz des Schatzes und badete anschließend im Blut des Drachen. Ein kleines Lindenblatt fiel auf seinen Rücken, das war die einzige Stelle an ihm, die nicht unverwundbar war. Dort traf ihn später Hagens Speer.

Über das Siebengebirge, die " Alpen der Holländer", findet der Interessierte Information im Internet unter www.siebengebirge.com.

Und schon sind wir in Bonn. Das römische Castra Bonnensia ist eine alte Residenz- und Universitätsstadt. Die Redoute im Godesberger Kurpark, die Kirchen, das Rathaus, der Kreuzgang des Münsters, die kurfürstliche Resistenz, die Universität, das Poppelsdorfer Schloss, der Botanische Garten, der Alte Zoll, Theater, Museen, ich könnte mit dieser Aufzählung noch endlos weitermachen. Würde vielleicht doch langweilig werden. Die Grabinschriften auf dem Bonner Friedhof lesen sich wie ein Auszug aus "who is who."

Am 26. März jährte sich der Todestag Beethovens zum 175. mal. In Bonn geboren, gedachte die Stadt mit einer Ausstellung ihres unvergessenen Sohnes. Sein Geburtshaus ist schon lange restauriert und Museum. Dieser Ludwig van Beethoven war eine ungezügelte Persönlichkeit. Eine Flasche Weißwein, eine Flasche Rotwein plus Champagner, das war sein tägliches Quantum, das ihn dann letztlich auch umbrachte. Er starb an Leberzirrhose. So genial dieser Mann war, so chaotisch war er auch. Er selbst nannte seinen Haushalt "Allegro di Confusione" und das wohl nicht zu unrecht. Unansehnlich war er und halb verrückt. Er war unrasiert, spuckte im Zimmer herum und kleidete sich liederlich. Aber er war ein Genie, ein Virtuose auf dem Klavier, seine Sinfonien, seine Oper "Fidelio", seine Orchesterwerke. Ein ungewöhnlicher Mensch und Künstler. Und die sind alle ein kleines bisschen irr.

Sollte aber einer glauben in Bonn wäre nichts mehr los, nur weil es nicht mehr Bonndeshauptstadt ist, so muss ich einen schlauen Zeitgenossen zitieren: wir irren allesamt, nur jeder irret anders. Neben dem langen Eugen bauen sie zur Zeit eine noch monströsere Hässlichkeit.

Langsam nähern wir uns der Kölner Bucht. Der Rhein wird immer breiter, die Berge ziehen sich endgültig zurück. Burgen werden immer spärlicher bis sie völlig von Industrieanlagen verdrängt werden. Der Verkehr ist unbeschreiblich, entsprechend schaukelnd, schlingernd und stampfend kämpfen wir uns vorwärts. Das herrliche Wetter lockt auch jede Menge Ruderer und Paddler aufs Wasser. Leider kann man den Kerlen einfach nicht beibringen sich aus dem Fahrwasser fern zuhalten. Anscheinend ist es nur schön im schlimmsten Gewell zwischen den dicksten Pötten selbst Schubschiffe in Kalamitäten zu bringen. Doch ein Glück, je weniger Verstand einer hat, umso weniger merkt er den Mangel.

So schön wie Friedrich Schlegel 1802 in einem Brief vom Lauf des Rheins schwärmte, kann ich es nicht ausdrücken:

"....Wie er durch die Felsen mit Riesenkraft in ungeheurem Sturz herabfällt, dann mächtig seine breiten Wogen durch die fruchtreichen Niederungen wälzt, um sich endlich in das flachere Land zu verlieren..."


Vor uns erscheint der Kölner Dom, darauf freuen wir uns schon.
Einen Tag Aufenthalt im Rheinau-Sportboothafen gönnen wir uns.



Was fällt einem ad hock ein, wenn man an Köln denkt?
Dom, Rhein, 4711, schon ganz gut, was noch? Stau auf den Autobahnen! Weiter! Uus Willi Millowitsch, Kölsch, Karneval, ach ja, Tünnes und Scheel, Messe.
Na, das war doch schon ganz gut. Es gibt nicht viele Städte, über die man so viel weiß.
Natürlich ist das lächerlich wenig. Köln ist eine Millionen-Stadt, die größte Stadt und das bedeutendste Wirtschaftszentrum im Westen Deutschlands. Köln liegt im Zentrum der europäischen Schienen- und Straßennetze. Köln hat einen der größten Binnenhäfen Europas. Selbst Kümos sind uns auf dem Rhein begegnet.
Köln ist das Zentrum der deutschen Versicherungswirtschaft, nicht etwa Frankfurt, wie jeder denken mag.

Für mehr als 25 Wirtschaftszweige ist Köln weltweit der Messeplatz Nr.1. Der Otto-Viertaktmotor wurde in Köln entwickelt. 9 Sendeanstalten haben hier ihren Sitz, 8 Internationale Autohersteller sind mit ihrer Deutschlandvertretung hier angesiedelt. Über 1.000 internationale Unternehmen haben sich hier niedergelassen.

Bei all dieser Geschäftigkeit gibt es aber noch ein anderes Köln, das grüne Köln zum Beispiel. Für jeden der mehr als 1 Million Einwohner gibt es eine Grünfläche von ca. 75 qm.

Dann gibt es auch das alte, das altehrwürdige, das antike Köln.
Eine Besiedlung des Kölner Raumes wurde schon 3000 v. Chr. nachgewiesen.
300 v. Chr. verdrängten die Germanen die Kelten, doch mit den Römern hat in Köln alles, oder sagen wir fast alles angefangen. Genauer gesagt, mit Gaius Julius Cäsar, der 54/53 v.Chr. das Römische Reich bis an den Rhein brachte. Er gewann die germanischen Ubier als Bundesgenossen und siedelte den Volksstamm von der germanisch rechten auf die römisch kontrollierte linke Rheinseite. Hier wurde unter Aufsicht von Agrippa eine Siedlung gegründet, das "Oppidum Ubiorum". Aus dieser Zeit stammt das Ubiermonument, der wahrscheinlich älteste Quaderbau nördlich der Alpen.
Im Jahre 48 n. Ch. heiratete Kaiser Claudius die hier geborene Tochter des Feldherrn Germanicus, Julia Agrippina. Im Jahre 50 schenkte sie ihrem Geburtsort das römische Stadtrecht. Von da an trug dieser Ort den Namen Colonia Claudia Ara Agrippinensis. "Claudische Kolonie der Agrippinenser, Standort des kaiserlichen Altars."
Daraus entstand später der Name Cöllen - Cöln - Köln.

Um 310 baut Kaiser Constantin die erste Rheinbrücke und am rechten Ufer ein Militär-kastell: Deutz. 1248 ist die Grundsteinlegung für den Kölner Dom, doch fertiggestellt wurde er erst 1880. Aber fertig ist er nie, auch heute wird noch ständig daran gebaut.
355 erteile Kaiser Karl IV. Kölns Bürgern ein besonderes Privileg, das Stapelrecht. Es räumte den Kölnern das Recht ein jede Ware, die auf dem Rhein transportiert wurde als erste zu kaufen. Köln wurde eines der bedeutendsten Handelszentren des Mittelalters.
1388 Gründung der Kölner Universität als erste städtische Universität in Europa. Heute studieren hier ca. 80.000 mehr oder weniger Lernwillige.
1553 Gründung der Kölner Börse, eine der ältesten der Welt.
Im 5.und im 18. Jahrhundert war Köln unter Französischer Herrschaft.
Und endlich 1823 der erste Rosenmontagszug.

Die Kölner Innenstadt war im 2.Weltkrieg zu 90 % zerstört. Auch der Dom war stark beschädigt. Man kann den Stadtplanern nur gratulieren, dass es ihnen gelungen ist, den Altstadtkern und die meisten mittelalterlichen Gebäude zu retten, bzw. originalgetreu wieder aufzubauen. Den Dom und seine Schätze sollte jeder einmal gesehen haben. Ob man glaubt, dass im Dreikönigsschrein wirklich die Gebeine der heiligen drei Könige liegen, ist eine Sache, das Kunstwerk bewundern, eine andere. Kunst ist in Köln sowieso ein Kapitel für sich. Ich habe in Köln ca. 45 Museen gezählt, die mehr als 100 Galerien überhaupt nicht berücksichtigt. Von Casanova bis Heinrich Böll, ließ es sich kaum ein Künstler nehmen hier zu leben und sich inspirieren zu lassen. Ausstellungen, Sammlungen, von römisch-germanisch über russische Avantgarde bis zu den Werken Picassos, alles ist vorhanden und zu bestaunen.

Ich bin da immer unsicher, was ist eigentlich Kunst? Ein Bild zu malen, schöner als jede Photographie, ist das Kunst? Oder eher die verzerrten Gesichter, die Picasso berühmt und reich machten? Wenn Beuys 10 kg Butter in die Zimmerecke klebt und behauptet das wäre Kunst, hat er dann Recht? Muss ich das glauben? Für mich ist es schon Kunst ein Hähnchen zu verspeisen und sich dabei nicht Gesicht und Hände zu verschmieren. Nun ja, der Standpunkt bestimmt die Perspektive. Da mir das visionäre Talent eines Wurmes zu eigen ist, werde ich immer ein staunender Laie im Heiligtum der Kunst bleiben.



Es sei wie es sei, wir jedenfalls sin zo Foß nach Kölle jan und haben unvergessliche Eindrücke mit an Bord genommen.

Früh schon brechen wir auf. Wieder verspricht der Tag wunderschön zu werden. Bei Kölner Pegel 4 m kommen wir problemlos unter der Hafen-Brücke durch. Vor uns schon die Deutzer Brücke. Immer wenn ich diese Brücke sehe überfallen mich alte Erinnerungen.

Vor über 30 Jahren haben wir den Rhein schon befahren. Umgestiegen vom Paddelboot, in das man geradeso den Hintern gebracht hat, auf ein Segelboot von 6 m Länge, mit einer richtigen Schlafkajüte, kamen wir uns vor wie die Herren der Fluten.
Jedes Jahr haben wir unseren Urlaub mit segeln im Ijselmeer verbracht. Das Durchfahren des Ruhrgebietes, der Industriegebiete Düsseldorf, Leverkusen, Köln, war damals schon ein Abenteuer. Der Schiffsverkehr war unbeschreiblich. Unser kleines Boot schlingerte und stampfte, es spritze und klatschte. Zwei Hände brauchte man für die Kinder, eine fürs Boot und eine für sich selbst.
Man muss jung sein, unbedarft und mutig für solche Touren. Und ehrgeizig wie wir waren, wollten wir natürlich auch den Rhein wieder zurück mit unseren 10 zornigen PS Außenbord. Bis Köln haben wir uns durchgekämpft, 4 km die Stunde bergwärts, bei sehr hohem Wasserstand. Vor Köln hat sich der Himmel schlagartig verdunkelt. Ein Unwetter zog herauf. Es regnete wie aus Kübeln, Blitz, Donner, die Luft war gelb vor Schwefel. Ein unbeschreiblicher Gewittersturm. Wasser flog durch die Luft, man konnte nicht mehr unterscheiden ob Regen- oder Rheinwasser Kaum konnte man noch vors Schiff sehen. Irgendwo anlegen war nicht möglich, nur Industriegebiet mit senkrechten Mauern. Fender oder Taue ausbringen war unmöglich. Manfred kauerte standhaft im Cockpit und klammerte sich am Ruder fest, Wasser lief ihm in den Kragen und an den Zehen wieder raus. Ich verkroch mich mit den Kindern in der Kajüte. Um uns herum war pures Inferno. Wenn dich nur ein dünnes Plastikwändchen vor dem Untergang trennt, klopft dein kleines ängstliches Herzchen schon sehr aufgeregt in deinem Hals.
Und dann standen wir unter der Deutzer Brücke. Das Wasser gurgelte und toste um die Brückenpfeiler. Der Wind pfiff mit Orkanstärke gegen uns. Trotz Vollgas machten wir keinen Meter mehr gut. Zentimeterweise kamen wir nur noch voran. Eine geschlagene Stunde standen wir unter der Brücke, wie fest geklebt. Als wir endlich drunter durch waren, war es stockdunkel und das Unwetter etwas abgeflaut.
Irgendwie haben wir uns in einen Hafen gerettet, ich weiß heute nicht mehr wohin. Diesen Eindruck, wie sich das Boot vorwärts bewegt hat, wie ein torkelndes Jojo, werde ich wohl nie mehr vergessen. Und ich möchte mir auch heute noch nicht vorstelle, was passierte wäre, hätte unser Motor den Geist aufgegeben. Die Zeiten, in denen wir den Rhein bergwärts gefahren sind und uns eine alte Frau mit einem Kinderwagen blumenpflückend am Ufer überholt hat, sind glücklicherweise vorbei.

Wir haben nie mehr versucht den Rhein aufwärts in kleinen Booten mit eigenem Motor und auf eigenem Kiel zu bezwingen. Später haben wir uns von freundlichen Berufsschiffern schleppen lassen. Doch auch das war eine Tortur, über die ich ganze Romane erzählen könnte.

Es ist wie im Märchen, das war einmal, zu einer anderen Zeit und wir waren auch andere Menschen. Nun, der Verkehr ist der gleiche geblieben, eher schlimmer geworden und das Schiff torkelt immer noch genauso durchs Wasser, nur dass es uns heute nicht mehr viel ausmacht, weil wir ja einige Meter höher im Trockenen sitzen und mit einem bisschen Druck auf den Gashebel fast jeder Gefahr entweichen können.