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Compiègne


An der Einfahrt zum Jachthafen von Compiègne steht ein großes Schild "Einfahrt verboten".
Doch diese Stadt lassen wir uns nicht entgehen. Direkt vor der Stadt ist am Ufer ein betonierter Zaun. An dessen Längsträger klammern wir uns.
Kaum sind wir richtig fest, kommt ein Schwarm Holländer und Engländer. Da sind wir ja in guter Gesellschaft und können unsere Beluga auch mal ein paar Stunden alleine lassen.

In Compiègne wurden am Ufer der Oise Überreste der frühen Menschen gefunden. Die Gallier, die Römer, natürlich.
Die Galloromanen überquerten hier die Oise , aus dem Übergang "compendium" wurde Compiègne. Die Geistlichkeit verbreitete sich, baute Kirche und Kloster und ab dem 6.Jh. war Compiègne das bevorzugte Jagdrevier der französischen Könige.
Karl der Kahle, Ludwig der Stotterer, Karl der Einfältige, Hugo der Große, Robert der Fromme, der heilige Ludwig (der neunte), Karl der Vierte, sie alle lebten und jagten hier.
Johanna von Orleans verteidigt ihre lieben Freunde von Compiègne gegen die Engländer. Zum Dank wird sie hier auf Betreiben der Burgunder verhaftet.
Der Reigen der Großen, Mächtigen, Berühmten setzt sich fort.
Ludwig XI., Franz I. Heinrich IV. , der trifft sich hier heimlich mit seiner Geliebten, die Mutter Ludwig XIII. wird hier im Schloss Karls des Fünften gefangengehalten, Ludwig XIV. verkleidet sich hier als Bauer. Ludwig XV. liebt Compiègne und Madame Pompadour, beides führt zur Erstellung des Palastes in seiner heutigen Form. Ludwig XVI. trifft hier erstmals Marie-Antoinette.



Napoleon empfängt hier zum ersten Mal seine 2. Gemahlin Marie-Louise.
Napoleon Bonaparte hat zeitweise gerne hier gelebt. Das Volk liebt ihn immer noch.
"Hier, in diesem Bett hat unser Kaiser Napoleon geschlafen....... Das ist die Badewanne des Kaisers........An diesem Bureau hat der Kaiser gearbeitet."
Der Blick des Führers im Schloss beginnt zu strahlen, wenn er von seinem Kaiser erzählt. Man hört die Ehrfurcht aus seinen Worten, wenn man auch nur einen petit Bruchteil versteht.

In der Palastkapelle heiratete Prinzessin Louise den belgischen König Leopold I.
Zu wahrer Blüte kommt der Palast unter Napoleon III., er liebt die schlichte Eleganz und Ungezwungenheit des Palastes mehr als den Prunk von Versailles.
Hier hält er in jedem Herbst Hof, gibt rauschende Feste. Zu diesen "Séries de Compiègne" erschienen alle Persönlichkeiten aus Literatur, Musik, Kunst und Wissenschaft.
Es wurde erwartet, dass die Herrschaften mit ihrer persönlichen Dienerschaft anreisten. Es gab aber auch weniger gut betuchte Gäste, die überredeten ihre Freunde dazu als Kammerdiener zu fungieren. Die Gastgeber waren jedoch weit davon entfernt spießig Anstoß daran zu nehmen. Die Königlichen Hoheiten vermittelten ihren Gästen ein Gefühl von Ungezwungenheit und gelockerter Atmosphäre.

Die ungenaue Präzision der Franzosen führt leider dazu, dass alles nicht so ganz in Schuss ist. Die Fenster des Palastes bräuchten dringend neue Farbe. Viele Polstermöbel sind mehr als stark verschlissen und der alte Holzboden müsste zwingend neu versiegelt und geschützt werden.

In die Kirche St.-Jacques wollten wir erst gar nicht rein, weil wir dachten sie wäre eine Ruine, so sieht sie jedenfalls von außen aus. Doch eine offen stehende Tür belehrt uns eines Besseren.
Die Kirche ist innen traumhaft schön, ca. 4 m hoch mit schwerem Holz verkleidet, eine beeindruckende Orgel, wunderschöne Fensterbilder und ein ganzer Raum voller Reliquien in goldenen Schreinen. Aber auch viel Verfall und Reste der Zerstörung des 2. großen Krieges.
Es war wirklich nicht meine Absicht ständig über die beiden Weltkriege zu berichten.
In Deutschland erinnert eigentlich auch nichts mehr daran. Aber hier in Frankreich stolpert man ständig über irgendwelche Hinterlassenschaften.
Die Franzosen sind Meister im Erstellen von Denkmälern und Monumenten.
Es gibt keine Kirche, in der nicht die Namen sämtlicher Gefallenen aus beiden Kriegen, manchmal sogar noch aus dem Krieg 1870 auf einer Gedenktafel stehen. Und es gibt kein noch so mickriges Kuhnest, das nicht wenigstens eine kleine Gedenksäule hat.
Am Schlimmsten empfinden wir aber die Zerstörung, die immer noch vorhanden ist. Einschusslöcher in Kirchen und offiziellen Gebäuden, zerstörte Kirchenfenster, die durch einfaches weißes Glas ersetzt wurden oder gesprengte Brücken, die nie wieder aufgebaut wurden. Hier in Compiègne z.B. haben mehrere Maschinengewehrsalven ihre Spuren in dem wunderschönen spätgotischen Rathaus hinterlassen.
Sinnlose Zerstörungswut von Einzelnen oder befohlene Vernichtung von Volkseigentum und Kultur?
Man muss es den Franzosen hoch anrechnen, dass sie trotz allem uns Deutschen keine Feindseligkeit mehr entgegenbringen. Es gibt Situationen, da habe ich das Gefühl sie könnten uns die Kriege leichter verzeihen als den Engländern den 100 jährigen Krieg und die jahrelange Annektierung von Paris.
Ist es vielleicht gar kein Ressentiment , ist es einfach Wachsamkeit, die der Franzose dem Engländer entgegenbringt. Versuchte nicht der abgebrühte Engländer den Franzosen zu zwingen sein vom Rinderwahnsinn verseuchtes Fleisch einzuführen, obwohl er sich selbst wohl aus Angst vor dem Froschwahnsinn strikt weigert die Schlemmermahlzeit der Franzosen zu importieren. Oder ist es vielleicht die neuerliche englische Invasion auf normannische, bretonische oder provenzalische Bauernhöfe, das Einschleppen von Orangenmarmelade und Yorkshirepudding oder Lamm in Mintsoße oder gar das heimliche Einschmuggeln der Times selbst in versteckte kleine Provinznester?
Man muss wachsam sein als Franzose, damit nicht listenreiche Ausländer gallische Zeremonien unterwandern, besonders natürlich beim Essen.