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Kapitel 5

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Die Franche-Comté


Im Franche-Comté stand auch die Wiege für das Nationalgetränk der Franzosen.

Magen- und Darmerkrankungen und Appetitlosigkeit wurden seit der Antike mit Wermut behandelt.
Im 18.Jh. wurde zum gleichen Zweck von dem Schweizer Arzt Pierre Ordinaire ein Elixier aus Wermut, Artemesia absinthium, gebraut und mit Erfolg angewandt. Nach seinem Tod erwarben die unverheirateten Schwestern Henriod das Rezept und entwickelten es weiter. Sie fügten selbst gezogene Kräuter hinzu und vertrieben das Elixier als liqueur dŽabsinthe mit mäßigem Erfolg. 1798 sicherte sich ein Major Dubied das Rezept, und eröffnete in der Schweiz eine Brennerei. Seinen Extrait d`absinthe bot er als Spirituose an. Deren Verkauf jenseits der Grenze im französischen Jura übernahm sein Schwiegersohn Henri-Louis Pernod.
Napoleon erhob derart saftige Zölle auf eingeführte Spirituosen, dass sich Pernod gezwungen sah die Herstellung nach Frankreich zu verlagern.
In Pontarlier eröffnete er 1805 eine Absinthfabrik mit einer Tagesleistung von 16 l, 100 Jahre später erreichte die Produktion 20.000 l am Tag.

Pontarlier liegt am Oberlauf des Doubs.
Einige Kilometer weiter entspringt donnernd am Fuße einer 100 m hohen Felswand die reißende Quelle seines Nebenflusses Loue.
Jahrhundertelang fragten sich die Einwohner dieser Gegend vergeblich woher diese tosenden Wassermassen wohl kämen. Das Geheimnis wurde gelüftet, als 1901 in den Räumen der Distillerie Pernod ein Brand ausbrach. Riesige Mengen reinen Alkohols und Absinth fingen Feuer. Es wurde befürchtet, dass der Brand auf die Stadt übergreifen würde. Da befahl der Bürgermeister der Feuerwehr die vollen Kessel und Schnapsfässer in den Doubs zu leeren. Sein Wasser nahm sehr schnell die Farbe eines ziemlich konzentrierten Absinth an. Durch diese Maßnahme konnte der Brand schnell unter Kontrolle gebracht und gelöscht werden.
Doch einige Stunden später verbreitete sich 15 km weiter in der Loue ein starker Absinth-Geruch. So wurde festgestellt, das die Loue nichts anderes ist als ein unterirdischer Teil des Doubs.

20 Jahre dauerte es, bis sich ein wirklicher Erfolg beim Absatz von Absinth einstellte. Plötzlich wurde es in Paris und anderen großen Städten Mode sich am späten Nachmittag im Cafe zu treffen und Absinth zu trinken. Wermut, Anis und Fenchel, ungesüßt, mit einem Alkoholgehalt von ca. 70 %, dieses Destillat verlangte nach Zusatz von Zucker und Wasser. So verdünnt nahm Absinth eine milchig-grüne Tönung an und man sprach bald von der "grünen Stunde".





Absinth wurde zum Standardgetränkt der Franzosen.
Er wurde immer billiger und in immer schlechterer Qualität angeboten. Der übermäßige Genuss vieler Absinthtrinker blieb nicht ohne Reue, ein körperlicher und geistiger Verfall begann.
Das in Wermut enthaltene Thuyon, das mit Sauerstoff vermischt zum giftigen Thuyol oxidiert, wurde verantwortlich gemacht. Doch wahrscheinlich war es eher der minderwertige Alkohol und der übermäßige Genuss. 1915 wurde ein Gesetzt erlassen und die Herstellung von Absinth verboten.
Ein Todesurteil für die Destillerien. Einige experimentierten natürlich weiter. Als der französische Staat 1932 ein taugliches Rezept genehmigte, konnte Markführer Pernod sofort an frühere Erfolge anknüpfen. Der heutige Marktführer aber ist die Firma Ricard.
Ihr provenzalischer Pastis, ein Destillat aus Sternanis, Süßholz und einer großen Anzahl von provenzalischen Kräutern trug den Sieg davon.

Pastis wird immer mit Wasser verdünnt getrunken und ist ein unverwechselbares Getränk von aromatischer Finesse. Nur übertreiben, das sollte man auch heute noch nicht, der Tag danach, der ist so schmerzhaft.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.
Hat man sich erst mal an die springflutartig in die Schleusen einschießenden Wassermassen gewöhnt, ist es schon nicht mehr so schlimm.
Humor ist wenn man trotzdem lacht, auch wenn einem schon mal ein Strahl aufs Vorschiff trifft.

Es ist ganz typisch für den Doubs, dass besonders verrückte Windungen von kurzen Kanalstücken abgekürzt werden. Der ständige Wechsel zwischen Fluss und Kanal hat einen ganz besonderen Reiz.



Oft ist der Kanal nur im Einbahnverkehr zu befahren. An manchen Stellen ist er gerade mal 5 m breit, rechts und links eingeengt mit einer Mauer. Wenn es dann noch um die Kurve geht, ist volle Konzentration von meinem Kapitän angesagt.
Auch auf die Brückenhöhe kann man sich nicht mehr verlassen. Manchmal läuft direkt neben uns eine Straße, zum Kanal abgetrennt mit einem Zaun aus Betonpollern, die verdächtig an Zinnen erinnern. Sofort geht die Fantasie mit mir durch. Die karstige graue Felswand neben der Straße könnte leicht eine mittelalterliche Burgruine sein und wir fahren in ihrem Burggraben, sogar unter der Zugbrücke hindurch, die extra für uns gehoben wird.

Mein Ritter in strahlender Rüstung (braunes T-Shirt, damit man die Krümel vom Schnupftabak nicht sieht) hat nur Augen für seine Zweitgeliebte. Wenn wir so einen Schleusenkanal verlassen kommen wir direkt am wilden Wehr vorbei. Mit Macht versucht es das Schiff an sich zu reißen. Da ist Umsicht angesagt, keine Tändelei.

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich immer und immer wiederhole, das Tal des Doubs ist wunderbar dramatisch, wenn auch seine Betonnung etwas abenteuerlich ist.
Siehst du plötzlich vor dir einen kleinen roten Zipfel aus dem Wasser ragen, ist das sicher der Rest einer abgesoffenen Tonne. Oder diese Schilder am Ufer die sagen >15 m, da soll man 15 m raus, nur wie lange? Doch haben wir nicht Abenteuer gesucht? Alleine die Landschaft um uns wird zum nie vergessenen Erlebnis.

Aber die Schüsseln voll Brombeeren die Manfred pflückt bringen mich in echte Kalamitäten. Glücklicherweise haben wir noch eine volle Flasche Stroh-Rum dabei, ein traumhafter Rumtopf. Der Rest ergibt mit Quark ein wundervolles Dessert.

Ich kann es eigentlich selbst nicht so recht verstehen, aber irgendwie endet jede meiner Geschichten mit Essen. Natürlich geht es mir wie allen Dicken, wir reden nur davon und essen so gut wie nichts und das alleine macht uns schon dick. Der Mensch von heute will das Leben von übermorgen mit dem Ernährungsverhalten von vorgestern. Das kann ja nicht klappen.

Unser Wetter?
Wie überall zur Zeit.
Man muss sich dreimal täglich einölen, dann läuft der Regen besser ab.
Dadurch fällt natürlich auch unser Barbecue ins Wasser, obwohl wir uns extra einen wunderschönen Picnic-Table im Busch ausgesucht haben.

Nachmittags kommt mit Schwung eine kleine rasante Sundancer unter der Brücke durch, sieht uns in der Ausbuchtung liegen und haut sofort den Rückwärtsgang rein. Manfred hilft beim Anlegen und grinst als er zurückkommt.
" Die kommen aus Mallorca und schimpfen auf unser Sauwetter."
Das ist sein ganzer Kommentar.
Weil unser Picnic ins Wasser fällt, hat Jan sofort umdisponiert und lädt uns zum Dinner ein. Sie ist eine leidenschaftliche und begnadete Köchin, das kommt uns oft zu Gute. Wir sind etwas vor der Zeit, machen noch mal einen schnellen Schwenk an das neue Boot um ein paar Worte zu wechseln und sie eventuell zu einem Wein einzuladen. Eine Minute nach der Begrüßung wissen wir bereits, dass sie ein Haus in Mallorca und eines in Deutschland haben. Dass sie 8 Jahre in Mallorca gelebt haben und jetzt in Deutschland endlich die Pension (natürlich nicht die Rente) durch ist und dass sie im Winter Skifahren gehen.
Natürlich waren sie früher Segler. Segler zu sein hat anscheinend ein weit höheres Image als schnöder Motorbootfahrer.
Freundlich wünschen wir ihnen eine gute Weiterreise. Warum sollten wir sie zu einem Gespräch einladen, wir wissen ja schon alles und an der Höhe ihres Bankkontos und ihrer Investments sind wir nicht sehr interessiert.
Amüsiert stelle ich Vergleiche an: ich, die weibliche Variante des Michelin-Männchens, in meinen verwaschenen, ausgebeulten, superbequemen und mitwachsenden Stretchjeans; mein Spatzel, der auserkorene Liebling aller gemeinen Fleckenzwerge. Und diese Beiden, elegant, sportlich, gestylt, mit perfekter Frisur, in Designer-Jeans.
Wir sehen aus wie Promenadenmischungen zwischen kunstvoll getrimmten Königspudeln. Uns müssten sie wahrlich nicht imponieren. Ist das Leben nicht schrecklich kompliziert wenn man ständig versuchen muss einen anderen zu beeindrucken um sein Selbstwertgefühl zu heben?
Nun, wir lassen uns von Jans Kochkünsten beeindrucken und lachen uns wehe Bauchmuskeln über die Snobs dieser Welt.