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Kapitel 5

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Fußabstreifertag

Bereits beim Frühstück zeichnet sich ab, dass wir heute wohl unseren "Fußabstreifertag" bekommen.
Zum Frühstück gibt es kein Baguette, der Weg in die Stadt ist Manfred heute zu weit, sondern steintrockenes Graubrot der letzten Woche.

Um 8 Uhr ist von Jan und John noch kein Zipfelchen zu sehen.
War wohl eine lange Nacht.
Um halb neun wird Manfred ungeduldig, doch da sind auch die anderen wach.
Um 10 vor neun werfen hinter uns ein Kölner und ein Bums-Boot (Jans treffende Bezeichnung für Charterboote, weil sie ständig irgendwo anbumsen) die Leinen los.
O, O!

Ein Blick ins grimmige Antlitz meines Spatzel bestätigt meine Befürchtung.
Die Augen sind gelb, der bajuwarische Löwe ist erwacht.
"Jetzt dürfen wir den ganzen Tag hinter den Langweilern herfahren. Das schaffen wir nie bis Decize."
Als erfahrener Raubtierdomteuer versuche ich es mit Ruhe ausstrahlen:
" Ist doch egal, wir haben doch Zeit."
O, O!

Bumberum, bumbumberum, John startet seinen Oldtimer.
Endlich!!
Aufatmen.
Ruhe!!
Motor aus!!.
Manfred jumpt vom Boot um festzustellen was los ist.
"Der Keilriemen ist gerissen," knirscht er.
"Hat er denn einen Ersatz?"
"Keine Ahnung."
O, O!!

Die bajuwarischen Gene pumpen Adrenalin.
Jetzt legt vor uns im Hafenbecken auch noch der andere Australier mit seinem riesigen umgebauten Frachtschiff ab.
O, O!!

"Schau dir nur das Ablegemanöver von dem an, da weißt du alles. Den haben wir jetzt auch noch vor uns. Garantiert kommt der mit der Kiste nicht vorwärst."
"Hör jetzt auf Hektik zu machen, dann warten wir halt noch eine Stunde, bis er Vorsprung hat. John ist sowieso noch nicht einsatzbereit."
O, O!!

Endlich erneut: bumberum, bumbumberum.
Es kann losgehen.
Das Wohnschiff versucht immer noch vom Ufer weg zu kommen.
O, O!!

Ich bekomme den Auftrag vorne abzubinden. Mittig ist das Tau los, ist aber noch eingefädelt in der Klampe am Steg. Mit dem Bootshaken ziehe ich es durch, hole es ein. Das Tau am Vorschiff wird gelöst. Auch es ist am Steg durch die Klampe gezogen. Es ist verklemmt, lässt sich mit dem Bootshaken nicht aushängen. Beluga entfernt sich immer mehr vom Steg.
Ich kreische nach hinten:
"Du musst schon in der Nähe bleiben, wenn ich aushängen soll."
Manfred plärrt zurück:
"Man könnte sich ja auch ein bisschen beeilen beim Losbinden."
Sofort stellen sich meine Nackenhaare:
" Man könnte ja auch die Taue zum Ablegen vorbereiten, anstatt Hausfrauenknoten auf die Klampen zu machen!"
Er kommt nach vorne und springt vom Schiff auf den Steg. Löst rechts und links die Taue und schwingt sich knurrend wieder aufs Vorschiff.
>Hätte seine Mutter ihn nur weggeworfen und statt dessen den Storch behalten.
Gespannte Verhältnisse an Bord.
Das Wohnschiff hat endlich sein Ablegemanöver beendet, steht quer im Hafenbecken und peilt vor uns den Kanal an.
Im Schneckentempo geht es vorwärts. Gang rein, Gang raus, Gang rein.......
O, O!!

"In dem Tempo kann ich nicht hinter dem herfahren. Wenn wir aus dem Stichkanal raus sind, fahr ich rechts ran und warte zwei Stunden."

Der bajuwarische Löwe knurrt.
Endlich kommt die Betätigungsstange für die Automatikschleuse in Sicht. Der Australier dreht. Die Schleuse reagiert sofort. Das Tor öffnet sich. In der Schleuse ist bereits ein Bumsboot. Wie eine Schnecke fährt er ein. Wir nähern uns der Stange um der Schleuse klar zu machen, dass unten noch Boote warten.
"Ich warte mit dem Drehen, bis die oben sind, nicht dass das Tor noch mal aufgeht."
Wir legen an und warten.
Zerquetschte Flüche knurren von einem Mundwinkel zum anderen.
Anscheinend ist es den Schleusenbenutzern endlich gelungen die Taue auszubringen. Die Schleuse setzt sich in Betrieb. Nach 15 Minuten sieht man das Dach des Australiers auftauchen. Noch warten wir bis mehr zu sehen ist, dann legen wir ab und drehen die Betätigungsstange.
Die Schleusenampel signalisiert Verstehen. "Na, klappt doch."
Die oberen Schleusentore öffnen sich, das Bumsboot fährt aus. Wir warten. Die Australier sind noch mit dem Einbringen ihrer Taue beschäftigt. Die Sensoren der Schleuse haben minutenlang keinen Durchgang und schließen die Tore.
O, O!!

Der bajuwarische Löwe brüllt!!!

"Mensch sieh dir das an. Der Depp kommt doch tatsächlich wieder runter. Vor lauter Langweilerrei hat die Schleuse wieder zu gemacht."

Die Schleuse weiß, dass wir unten warten, also schleust sie ab, öffnet die Schleusentore und signalisiert uns grün. Natürlich können wir nicht einfahren, der dicke Australier ist immer noch drin und fuchtelt mit den Armen.
Der Schleusensensor registriert keine Durchfahrt, also passiert auch nichts mehr.
Manfred fährt langsam in den Schleusenbereich, deckt mit dem Bug die Sensoren ab.
Der Australier fuchtelt entsetzt mit den Armen weil der glaubt wir wollten in die Schleuse einfahren, haben aber keinen Platz mit ihm zusammen.
Manfred brüllt: " Jetzt ist sie wieder einsatzbereit. Du musst am Hebel ziehen und dann sieh zu, dass du raus kommst."
Langsam fahren wir wieder rückwärst.

Nur bajuwarische Gene können so fluchen.

Diesmal klappt das Schleusenmanöver. Wir halten den Atem an, bis die Nase des großen Bootes sich aus den Toren schiebt.
"Oh nein, das kann nicht wahr sein, da oben steht schon wieder so eine Qualle."
Als geduldiger Löwenbändiger gieße ich ihm erst mal einen Kaffee ein.
Ganze 10 Minuten braucht die holländische Tjalk um oben einzufahren.
Ganze 10 Minuten versuchen die Bootsleute mit ihren Tauen die Poller zu treffen.
Wieder und wieder und wieder.
Jeder Versuch misslingt. Dabei bräuchten sie nur den Fuß zu heben und auszusteigen, dann könnten sie das Tau um die Poller legen.
"Mein Gott, gleich ersäufe ich mich."
Keine Gefahr, Löwen sind wasserscheu!!?
Ganze 15 Minuten braucht die Tjalk um aus der Schleuse heraus zu manövrieren. Glücklicherweise hat sie die Nase im Tor bevor es wieder schließen kann.

Endlich sind auch wir dran.
Einfahren, Manfred klettert nach oben, befestigt die Taue von uns und John. Am Hebel ziehen, alles Minutensache. Keine Probleme, wir sind geübte Schleusenfahrer.
Nächste Schleuse!

Klack, ein Schütz öffnet sich, 50 cm hoch, 1 m lang. Klack, der zweite springt auf. Wasser schießt mit Urgewalt in die Kammer, knallt 38 m hinter uns gegen das andere Tor und springt mit Wucht zurück. Beluga wirft sich in die Taue, versucht die Nase ins Tor zu rammen, ich zerre mit Armen wie ein Preisboxer, selbst Manfred hat Probleme hinten zu halten. Er springt aufs Boot, wirft den Rückwärtsgang ein.
Geschafft.
Es ist halb 12. Bis wir an der nächsten Schleuse sind ist Mittagszeit.
Wir dümpeln im Kanal, vor uns der langweilige Australier.
O, O!!

Heute ist unser Fußabstreifertag.
Der bajuwarische Löwe lässt sich den Nacken kraulen und legt sich zum Schlafen nieder. Bis zum nächsten Mal.
Humor war schon immer der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt. Da kann man Ringelnatz schon glauben.

Nach Decize schaffen wir es natürlich nicht. Aber unsere "Happy Hour" dehnt sich heute aus von 4 bis 8 und der Cubi ist auch leer. Vielleicht war er ja nicht voll!?!
O, O!!

Manfred ist nicht sicher ob es uns gelingt in die Loire einzufahren. Es hat wenig Wasser überall. Doch die Zufahrt ist nicht gesperrt. Es ist einen Versuch wert. Wir schleichen durch die Stauhaltung zwischen den beiden Schleusen. Das Echolot zeigt wenig Wasser an und piepst aufgeregt. Doch alles OK. Vorsichtig tasten wir uns in den Fluss.